Ein Thema, das mich nun schon seit einiger Zeit bewegt. Der Drache ist ein tausende Jahre altes Symbol für die Urkraftebene der Erde wie auch für die weibliche Kraft.
Der Drache ist ein unglaublich altes Symbol für die Urkraftebene der Erde - nicht nur für die feurige Lebenskraft, sondern auch ihre feine, eher wässrige Bewusstseinskraft. Während der Drache in vielen Kulturen Welt mit der Patriarchalisierung zum Inbegriff des Bösen gemacht wurde, war der Drache (analog auch die Schlange) in den alten matrifokalen Kulturen heilig. Genau wie der Drache die Urkraft der Erde symbolisierte, verkörperte er auch immer die weibliche Kraft, die genauso in den Schatten gedrängt und tabuisiert wurde.
Der Drache ethymologisch betrachtet
Drache (griech.: drakon, engl. dragon) bedeutet etymologisch betrachtet "das alles sehende/wissende Tier". Das Symbol des Auges ist im Zusammenhang mit dem Drachen ebenso wichtig. In seinem Kern, seiner Essenz, ist er Bewusstseinsbringer.
Der Drache trägt alle vier Elemente in sich – mit seinen Löwenpranken und dem Feuerhauch das Feuer, mit seinen Flügeln die Luft, mit seinen Fischschuppen das Wasser und mit seinem Reptilienkörper die Erde. Gleichzeitig verkörpert er die Quinta essentia, das 5. Element – den Äther, die Lebenskraft, die Bildekraft, Fomkraft, als Grundlage alles Lebendigen.
Sein Name ist zudem verwandt mit dem englischen Wort ‚trek’, dem Pfad, der Spur. Die ‚Urwege'. In der Geomantie kennen wir großräumige, lineare Phänomene mit den Namen Drachenlinie und Drachenweg, auf denen genau diese Kräfte ganz besonders intensiv wahrnehmbar sind. Auf diesen Linien findet man oft noch frühgeschichtliche Kultstätten. Später wurden viele davon vom Christentum 'übernommen' und sind heute oftmals weiblich geweihte Wallfahrtstätten, wie alte Marienkirchen.
Der kulturelle Drachenkampf
Mit dem Einzug des Patriarchats findet man in quasi allen Mythologien rund um die Welt das Motiv des Drachenkampfes, in dem der ‚böse’ Drache gepfählt oder getötet wird, um ‚Ordnung’ in die Welt zu bringen bzw. die Urkraft abzuzapfen ohne etwas dafür zu geben.
Sei es in der griechischen Mythologie der Omphalos in Delphi, mit dem die weise Python, als frei in der Landschaft umherschwingende, mäandrierende Drachenkraft (weibliches, zyklisches Prinzip), gepfählt wird. Damit wollte man bewirken, dass das Orakel nicht nur einen Tag im Jahr, sondern dauerhaft verfügbar ist (männliches, lineares Prinzip). Sei es Jahwe, der den Urdrachen Rahab tötet, um damit Ordnung in die Welt zu bringen. Seien es bei uns im Christlichen Georg oder Michael mit ihrer Lanze als ‚Drachentöter’. Aber auch in Mexiko, Australien und vielen anderen Kulturen dieser Welt findet sich in der Zeit des Übergangs zum Patriarchat ebendieses Motiv.
Weibliche Kraft als Drachenkraft
Auch das weibliche Prinzip ist kulturübergreifend schon immer zutiefst mit der Erde und dem Körperlichen verbunden. Und so war der Drache nicht nur Symbol für die Urkraft der Erde, sondern immer auch Symbol für die weibliche Kraft.
Während in den alten matrifokalen Kulturen Frauen - wie auch die Erde selbst - als die Lebengebenden verehrt wurden, wurde das weibliche, empfangende, verkörperte, emotionale, zyklische, intuitive Prinzip in den letzten 2000 Jahren unterdrückt, meist auch von uns Frauen selbst. Wir alle werden in einer Weise erzogen, die uns nach männlichen Qualitäten streben lässt.
Mit dem Drachen wurde so auch die weibliche Kraft ‚gepfählt’ und ist seither in den Schatten gedrängt, tabuisiert. Das dominierende Prinzip in unserer Gesellschaft wurde damit das männliche - transzendentale, analytische, lineare, kompetitive. Doch alles in den Schatten gedrängte wird dämonisch und kommt zurück – weil es nicht gelebt werden darf. Und auch das ist schon lange deutlich, im Hinblick auf die Vorfälle in kirchlichen wie anderen Institutionen heute mehr denn je.
Doch diese weibliche Kraft ist Quelle unserer Kreativität, Intuition und schöpferischen Kraft. All das haben wir als ein unendliches Potential in uns, das nur freigelegt werden muss.
In Verbindung mit dieser Kraft können wir unsere Kreationen wieder nähren, alte kollektive und individuelle Wunden heilen und die Muster transformieren, die unsere wundervolle Kraft mindern. Ein Zurückkommen in unsere lebendige, fließende weibliche Kraft.
Was die Wandelzeit von uns verlangt
Es ist an der Zeit, dass wir die Urkraft der Erde wie auch die weibliche Kraft wieder frei lassen. Die Erde wird es nicht länger zulassen, dass wir sie binden, ihr die Lebenskraft absaugen durch Massentierhaltung, konventionelle Landwirtschaft oder Regenwaldabholzung. Und auch wir Menschen erschöpfen uns selbst mehr und mehr im ständigen Leisten und Produzieren ohne Zeit für Regeneration, Männer wie Frauen. Wir dürfen helfen, dass die Erde wieder in ihr eigenes Pulsen kommt, wie auch wir zurück in unsere ureigene Kraft.
Doch es ist eine Zeit, die unser Handeln und unsere Entscheidungen erfordert.
Fragen zur Reflektion
Gerade jetzt im Winter sind wir auf der Yin Seite, der weiblichen Seite der Schöpfung - die Zeit des Rückzugs, der Transformation, der Einkehr, des Annehmens und Mitfließens - alles zutiefst weibliche Prinzipien und so dringend nötig für die Erde, unser menschliches Kollektiv und den Einzelnen von uns.
Wie und wo im Leben kannst du die weibliche Kraft in dir und in der Gesellschaft nähren und unterstützen? Wo kannst du durch dein Wirken, sei es deinem Beruf, deiner Familie, deiner Gemeinschaft, die Urkraft der Erde wieder befreien, dass sie wieder frei fließen und in ihren ureigenen Puls kommen darf?
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