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  • Laura Deichl

Die Rauhnächte

Die magische Zeit zwischen den Jahren. Die Natur ist zum Stillstand gekommen, alles Leben ruht, regeneriert sich für den nächsten Zyklus. Die Rauhnächte sind seit jeher als mystische Zeit erachtet worden, als Zeit zwischen der Zeit.




Die Rauhnächte, die mystische Zeit zwischen den Jahren, wenn der rauste Winter angebrochen ist. Früher lief man jeden Abend mit Räucherpfanne und glühenden Kohlen durch Haus und Hof, um diese mit reinigenden und schützenden Pflanzen auszuräuchern. Wacholder, Beifuß, Fichtenharz, Mariengras. Die Rauhnächte bezeichnen die zwölf Nächte, die das Sonnenjahr vom Mondjahr abweicht. Die Zeit zwischen der Zeit. Die Natur ist zum Stillstand gekommen, alles Leben ruht, regeneriert sich für die nächste Vegetationsperiode. Wir sind am Nullpunkt angelangt, die Dunkelheit aus der das Neue geboren wird. Die Wände zur Anderswelt sind dünn. Im Alpenraum zieht die Percht, Göttin über Leben und Tod, mit ihrem Gefolge übers Land und sammelt verirrte Seelen ein. Die Rauhnächte waren immer auch Orakelnächte. Jede der zwölf Nächte soll für einen Monat im kommenden Jahr stehen. Wir können dieser Zeit mit Stille begegnen und von allen unseren Zielen ablassen. In der Leere verweilen und unseren Blick nach innen wenden.



Die Nicht-Zeit


Die Rauhnächte bezeichnen ursprünglich die Differenz zwischen den 13 Mondmonaten und den 12 Sonnenmonaten, also die elf Tage bzw. zwölf Nächte, die das Sonnenjahr (365 Tage) vom Mondjahr (354 Tage) abweicht. Die Rauhnächte sind somit eigentlich die 'Nicht-Zeit', die Zeit zwischen der Zeit. Wir verlassen die Raumzeit der dieseitigen Welt und treten in den Zeitraum der Anderswelt. Aus diesem Raum wird schließlich das Neue geboren. Auch die Kelten kannten schon eine Nicht-Zeit, die begann aber bereits um Samhain (Allerseelen, Halloween).


Wann diese 12 Nächte beginnen, hängt von der jeweiligen Auffassung ab. Für manche beginnen die Rauhnächte am 21. Dezember mit Yule, der Wintersonnwende, dem kürzesten Tag und der längsten Nacht des Jahres. Später unter christlicher Prägung ging man dazu über, die Rauhnächte nach der Heiligen Nacht, also ab dem 25. Dezember bis zu Heilig Dreikönig am 6. Januar zu zelebrieren.





Rau(ch)nächte


Etymologisch ist der Begriff der 'Rauhnächte' nicht ganz geklärt. Möglich ist, dass sich der Begriff auf die raue Zeit (deshalb auch 'Raunächte') bezieht. Auch wird der Bezug zum Rauch und dem alten Brauch des Räucherns hergestellt, mit dem Häuser und Ställe gereinigt, geschützt und gesegnet wurden. Wieder andere sehen einen Zusammenhang mit dem Begriff rûch (mittelhochdeutsch), was 'haarig' bedeutet und sich somit möglicherweise auf die Felle der Perchtenläufe bezieht, die dieser Zeit ausgeführt werden.



Perchten & die wilde Jagd


Diese Nächte sind seit jeher als mystische Zeit erachtet worden. Es ist die Zeit außerhalb der Zeit, ist somit außerhalb der gewohnten Ordnungsgefüge. Die Wände zur Anderswelt sind sehr dünn und vielleicht nehmen wir Dinge wahr, die jenseits der materiellen Welt liegen. Mit dazu gehören die wilden Wesenheiten des Winters, die dieser Zeit übers Land ziehen sollen.


In der keltischen und germanischen Mythologie kennt man die Wilde Jagd - den Schamanengott Wotan mit seinem wütenden Gefolge aus Ahnen und Dämonen. Im Alpenraum ist es die Percht, Göttin des Winters und der Toten, die mit ihren Begleiterinnen durch die Gegend zieht. Und auch wenn sie furchterregend anmuten, so wurden diese Wesen trotz allem geehrt wie gefürchtet, denn sie waren es, die dem Land die Fruchtbarkeit für das neue Jahr brachten und es segneten. Noch heute werden die alten Bräuche wie die Perchtenläufe, Krampusläufe oder das Klausentreiben weitergelebt - in denen man den Geistern und Ahnen eine physische Gestalt schenkte, sie dadurch aber auch besser besänftigen und kontrollieren konnte.





Räucherbrauchtum


Diese Zeit ist in unserer Kultur wohl auch die traditionellste Zeit zum Räuchern. Um sich vor den Dämonen des Winters zu schützen, beziehungsweise, diese zu besänftigen, die Ahnen zu ehren, das Bewusstsein für die Anderswelt zu öffnen, und Haus und Stall zu reinigen und zu segnen, lief man jeden Abend mit Räucherpfannen und glühenden Kohlen durch das Anwesen und verräucherte duftende Kräuter.


Die ganz alten Räuchersubstanzen der Rauhnächte sind wohl Fichtenharz, Beifuß, Wacholder und Mariengras. Fichtenharz reinigt und segnet den Raum. Auch der Beifuß, bekanntermaßen die 'mächtigste aller Heilpflanzen', reinigt stark. Zudem öffnet er einen sakralen Raum und fördert unsere Intuition und unser Traumbewusstsein. Der Wacholder ist die klassische Räucherpflanzen für den Ahnenkontakt. Auch er wirkt reinigend, schützend und segnend. Das Mariengras (bei den Germanen entsprechend Freyagras) ist der Großen Göttin geweiht und wird bei den indigenen Völkern schon seit Urzeiten zu Zöpfen geflochten und zum Räuchern verwendet. Es wirkt segnend und herzöffnend.


Zum Oraklen eignet sich beim Räuchern vor allem die Schafgarbe, die die Zukunft öffnet, und wiederum der Beifuß. Außerdem unterstützen hier auch die Mistel, der Lorbeer und das Bilsenkraut (hier Vorsicht, letzteres ist sehr giftig und gehört nur in fachkundige Hände!).



Rezept - Rauchnachtsräuchermischung


Fichtenharz

Beifußkraut

Wacholdernadeln oder -beeren

Mariengras


Diese vier Zutaten zerkleinern und beispielsweise zu gleichen Teilen mischen und als Rauchnachtsräuchermischung auf Kohle oder am Stövchen verwenden. Vorsciht, der Wacholder ist in vielen Gegenden geschützt, dann nur aus dem eigenen Garten verwenden oder im Handel erwerben.






Orakelzeit


Die Rauhnächte waren immer auch Orakelnächte. Während die zwölf Nächte zuvor (8. bis 20. Dezember) als sogenannte 'Sperrnächte' die vorangegangenen zwölf Monate und damit das alte Jahr 'zusperrten', öffneten die Rauhnächte den kommenden Zyklus. Jede der zwölf Nächte soll für einen Monat im kommenden Jahr stehen. So eignen sich diese Nächte zum Beispiel für die Traumarbeit, wobei jede Nacht Hinweise auf den jeweiligen Monat gibt. Auch andere Orakelmethoden wie das Runenwerfen, das Tarotlegen oder Ähnliches sind möglicherweise in dieser Nicht-Zeit sehr hilfreich und aussagekräftig.



Praxis


Die Rauhnächte sind eine Zeit zum Innehalten. Sie markieren einen Wendepunkt im Jahreskreis, den kurzen Moment der Stille, bevor das große Ausatmen der Natur wieder ein ein Einatmen übergeht. Diese Qualität können wir ganz wunderbar für uns nutzen, um nochmal Altes loszulassen, was nicht mehr mit in den neuen Zyklus gehen soll, uns zu reinigen und so Raum für das Neue zu bereiten. Uns dem kosmischen Impuls öffnen, der unsere Saaten für den neuen Zyklus befruchtet.



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